Das Programmkino im Prenzlauer Berg
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Festival

Soundwatch – Music Film Festival Berlin #3

6.–21. November 2019

Dieses Jahr steht das Festival-Programm unter dem Motto der Grenzüberschreitungen. Zunächst jährt sich sich der Mauerfall zum 30. Mal während unseres Festivals. Wir würdigen dieses Jubiläum aufgrund persönlicher Bezüge, nicht lediglich des Jahrestags-Hypes wegen. Am 9. November zeigen wir zwei Programme, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln und mit verschiedenen filmischen Mitteln (Dokumentarfilm, experimentelle Arbeiten) diesen Tag reflektieren.

In weiteren Filmen sind Grenzüberschreitungen anderer Art Thema: Künstler wie Bob Rutman, Daniel Hartlaub und Peter Braatz deren ganzes Werk die Verbindung zwischen Musik und bildender Kunst bzw. Musik und Film durchzieht oder die Musiker*innen in Buenos Aires, Ramallah und New York, die mit ihrer Musik gesellschaftliche und politische Mauern umstürzen wollen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist der »Russkij djen« (Russischer Tag) am Festival-Freitag: zwei aktuelle russische Dokumentarfilme über den Film- und Theaterkomponisten Oleg Karawaitschuk, der den Soundtrack zu Tauwetterfilmen wie »Kurze Begegnungen« von Kira Muratowa schrieb, und Wjatscheslaw »Slawa« Butusow, Frontmann der sowjetischen Art-Rock-/New-Wave-Band Nautilus Pompilius.

Musikfilme sehen (und hören) im Kinosaal. Mit deren Macher*innen, die auf Eure Fragen und Reaktionen gespannt sind!

Viel Vergnügen dabei wünscht das Soundwatch-Team


Mittwoch, 6.11., 20:00 Uhr, silent green Kulturquartier
Montag, 11.11., 18:30 Uhr, Lichtblick-Kino

Eröffnungsfilm / Berlin-Premiere
New Order: Decades (engl. OV)

GB 2018, 86 min, Mike Christie

Mike Christies Mischung aus Konzertmitschnitt und Dokumentarfilm begleitet New Order bei den Vorbereitungen der Reinszenierung ihrer gefeierten Zusammenarbeit »So It Goes…« mit dem Künstler Liam Gillick und dem 12-köpfigen Synthesizer-Orchester, die beim Manchester International Festival 2017 in der Heimatstadt von New Order Furore machte. Die Komplexität geht über das Technische und Logistische hinaus: Dies ist eine Band, die selten nach hinten schaut, aber für dieses Projekt musste sie die eigene Geschichte reflektieren - und dekonstruieren, um etwas ganz Neues zu schaffen.

Bernard Sumner, Stephen Morris und Gillian Gilbert sowie Designer Peter Savile, der das Image von New Order mit seinen Plattencovern prägte, und Gillick geben einen ungewohnt offenen Einblick in die kreativen Prozessen einer sonst eher rätselhaften Band.

Mike Christie combines concert film and documentary with his chronicle of New Order’s collaboration with artist Liam Gillick, “So It Goes…”, premiered at the Manchester International Festival in the band’s hometown. Featuring interviews with the band, designer Peter Savile and Gillick, the film offers rare insight into the creative processes of an otherwise enigmatic group.

Eröffnungs-Vorstellung am Mittwoch, 6.11., 20:00 Uhr
mit anschließender After Show Party mit Mark Reeder (DJ Set)
Eintritt: 12 €

Hinweis: Die Eröffnungs-Veranstaltung findet im silent green Kulturquartier statt, nicht im Lichtblick-Kino!

Donnerstag, 7.11., 18:15 Uhr
Lichtblick-Kino

Berlin-Premiere
The Heart Is a Drum (OmeU)

SE 2019, 74 min, Jacob Frössén

Jacob Frössén hat Klaus Dinger, Schlagzeuger und Mitbegründer der Krautrock-Innovatoren NEU!, dem 2008 verstorbenen Meister des »Motorik-Beats« eine Doku gewidmet, die vor allem eine Respektbezeugung aus internationaler Perspektive ist. Zu den Zeitzeugen zählen Iggy Pop, Wolfgang Flür von Kraftwerk, Primal Screams’ Bobby Gillespie, Indie-Songwriterin Emma Gaze und Stephen Morris von New Order. Dinger selbst kommt in alten Interviewaufnahmen und einem Tagebucheintrag zu Wort über seinen persönlichen Liebeskummer und gebrochene Herzen, dessen Schlagen Fundament für einen Beat wurde, der bis heute nachhallt.

Krautrock pioneer Klaus Dinger and his band NEU! were “punk before punk” (Iggy Pop). The driving motorik beat, largely propelled by Dinger’s drumming, influenced David Bowie (the Berlin trilogy) and much of the post-punk generation. Dinger himself speaks in archival interviews, while Iggy Pop, Stephen Morris of New Order, Bobby Gillespie of Primal Scream and indie songwriter Emma Gaze pay tribute to Dinger and his impact on their music.


Donnerstag, 7.11., 19:30 Uhr
Lichtblick-Kino

Berlin-Premiere
The Sound Is Innocent (OmeU)

CZ/SK/F 2019, 85 min, Johana Ožvold

Regisseurin Johana Ožvold, selbst auch Komponistin, begleitet uns auf einer fantastischen Reise in die inneren Welten der elektronischen Musik. Zu den Anfängen der Tontechnik, zur französischen Avantgarde, zu Klangtüftlern hinter dem Eisernen Vorhang und zu zeitgenössischen Künstlern. Ožvold findet eine Bildsprache, die einen weiteren Resonanzraum für die Musik bildet und sie das Auge wie das Ohr erreichen lässt.

Mit Steve Goodman (Kode 9), Alberto DeCampo, Hannes Hoelzl, John Richards, François Bonnet.

Playful and poetic journey through the history of electronic music. Our guide in this musical playground is the fim’s director Johana Ožvold, herself a music composer. She creates images in which the music can resonate and reach the eye as well as the ear.

Featuring Steve Goodman (Kode 9), Alberto DeCampo, Hannes Hoelzl, John Richards, François Bonnet.


Freitag, 8.11., 20:00 Uhr
ACUD Kino

Russkij djen
NAUHAUS (OmeU)

RU 2019, 90 min, Oleg Rakowitsch

Oleg Rakowitsch erzählt die Geschichte von Wjatscheslaw „Slava“ Butusow, Frontmann der legendären sowjetischen/russischen Art Rock/New Wave-Gruppe Nautilus Pompilius. Butusow hat die Band als Student am Swerdlowsker Institut für Architektur (heute Urals Academy of Architecture) in Jekaterinburg gegründet. Aus der Schule ist nicht nur die Band, sondern eine ganze Kunstszene hervorgegangen, deren Spuren Butusow und Rakowitsch gemeinsam nachgehen. Die Art School-Music-Connection, die in Großbritannien zahlreiche Musiker wie John Lennon, Bryan Ferry und M.I.A. und in Deutschland CAN, Kraftwerk und Die tödliche Doris hervorgebracht hat, wirkte auch in der Sowjetunion. Eine filmische Entdeckungsreise zu einer kreativen Oase in Zeiten der Perestroika.

NAUHAUS explores the origins of the legendary Soviet/Russian art rock/new wave band Nautilus Pompilius in the unique creative scene centred around the Sverdlovsk Institute for Architecture in Yekaterinburg. Director Oleg Rakovitch and Nautilus Pompiliuis frontman Slava Butusov, an alumnus of the institute, explore the institute’s history and impact as a creative oasis in the late Soviet era, encouraging artistic expression beyond genre boundaries.

anschließend: Q & A mit Oleg Rakowitsch (via Skype)

Hinweis: Diese Veranstaltung findet im ACUD Kino statt, nicht im Lichtblick-Kino!

Freitag, 8.11., 22:00 Uhr
ACUD Kino

Russkij djen
The Last Waltz – Последний вальс (OmeU)

RU 2017, 78 min, Julia Bobkova

Bobkova begleitet den St. Petersburger Komponisten und exzentrischen Genie Oleg Karawaitschuk bei seinem letzten Spaziergang durch Komarowo, einer Sommersiedlung am Strand vor den Toren St. Petersburgs, wo er sein ganzes Leben verbracht und die meisten seiner Werke geschrieben hat. Karawaitschuk komponierte Musik für Theater und seit 1953 für Film, weil, wie Karawaitschuk behauptete, er in der Filmwelt ohne Einmischung der KGB arbeiten konnte. Die Musik für Kira Muratowas »Kurze Begegnungen« gehört zu seinen bekanntesten Stücken. In den 80ern Karawaitschuk mit mit dem Avantgardemusiker Sergej Kuriochin zusammen. Karawaitschuk starb während der Dreharbeiten zu diesem Film im Juni 2016. Sein letztes Werk »The Komarovo Waltz«, das hier zum ersten Mal vorgestellt wurde, wurde als Hommage an den Ort geschrieben.

Julia Bobkova accompanies St. Petersburg composer and eccentric musical genius Oleg Karavaichuk on his last promenade through the resort Komarova, where he wrote much of his work. Karavaichuk composed for theater and cinema, notably Kira Muratova’s “Brief Encounters”. In the 1980s he collaborated with avantgarde musician Sergei Kuriochin.

Hinweis: Diese Veranstaltung findet im ACUD Kino statt, nicht im Lichtblick-Kino!

Samstag, 9.11., 18:00 Uhr
Lichtblick-Kino

Soundwatch 45 RPM
Kurzfilme von Daniel Hartlaub

D 2000–2019, ca. 75 min, Daniel Hartlaub

Wenn der abendfüllende Film die LP ist, dann sind Kurzfilme wie Singles. Beiden Formen bietet Soundwatch eine Plattform.

Das stark musikalisch geprägte Kurzfilmwerk vom Filmemacher und Zeichner Daniel Hartlaub ist unterschiedlich an Genres, Geschichten und Formaten. Es sind Musik-Videos, experimentelle und fiktionale Musik-Kurzfilme und -animationen, gedreht und gezeichnet auf Celluloid, Video und dem Tablet und zeigen so auch ein Teil (technische) Filmgeschichte. Die Musikkompositionen dazu, von Elektro über Punk bis Metal, kommen von den unterschiedlichsten Musikern, Komponisten und Bands, darunter J Peter Schwalm und Tex Avery Syndrome.

Mit Premiere von Hartlaubs neusten Musikfilm The Night Watchman. Part 1, der aus einer Zusammenarbeit mit den englischen Musikkünstlern LASN (Life As Surface Noise) entstanden ist.

20 Years of (music) short films by Daniel Hartlaub, featuring a variety of genres, techniques and musical styles. The program encompasses music videos, narrative films and experimental works, live action and both analogue and digital animation, scored with electro, punk or metal. Highlight is the premiere The Night Watchman. Part 1, a collaboration with English musical artists LASN (Life As Surface Noise).

Q & A: Daniel Hartlaub


Samstag, 9.11., 20:00 Uhr
Lichtblick-Kino

Sonderprogramm Mauerfall 30
The People United

XXXXXX 

Szenenfoto: »Mauerwegstaffette«

Der 30. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer am 9. November 2019 wird in Bewegtbild und Ton reflektiert. Der Berliner Regisseur Gerd Conradt präsentiert als Uraufführung »The People United – Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch« (2019, 30 min), ein Porträt des US-amerikanischen Komponisten der Neuen Musik Frederic Rzewski.
Rzweski steuerte auch die Musik zu Conradts Experimentalfilm »Ein-Blick« (1987, 10 min) bei, einer formal innovativen künstlerischen Auseinandersetzung mit der Mauer und der deutsch-deutschen Teilung.
Anschließend werden Kinosaal und Foyer mit Conradts Film »Mauerwegstaffette« (2012, 90 min) bespielt. 100 Menschen laufen, rudern, reiten und skaten eine Stafette – mit der Berlin-Fahne in der Hand – auf dem ehemaligen Todesstreifen. Eine Kamera fährt vorweg. Sie zeigt unterschiedliche Stadtlandschaften und die Menschen von Berlin – Geschichte wird sichtbar.
Als eigens für diese Vorführung konzipierte musikalische Untermalung legt DJ Robert Mießner Experimentalpop und Underground aus dem Spätsozialismus und was die damals aktiven Musiker*innen heute produzieren auf.

Special program featuring the work of Gerd Conradt which deals in various ways with the division and reunification of Germany and with overcoming boundaries in general.
The program encompasses the world premiere of “The People United”, Conradt’s portrait of new music composer Frederic Rzewski, “Ein-Blick”, an experimental film with a score by Rzewski foregrounding architecture on both sides of the Berlin Wall and “Mauerwegstaffette”, a relay race along the path of where the Wall once stood.
DJ Robert Mießner will play late socialist Eastern European avantpop and underground sounds.

Q & A: Gerd Conradt
Eintritt: 10,– €


Samstag, 9.11., 22:30 Uhr
Lichtblick-Kino

Herbststimmen (OV deutsch)

D 2019, 45 min, Sven Hecker

© Robert Cîllen

Im September 1989 setzten sich Mitglieder von Bands wie Silly, Pankow und City in einer gemeinsamen Erklärung öffentlich für die basisdemokratische Bewegung in der DDR ein, insbesondere für die Oppositionsgruppe »Neues Forum«. »Wir fordern eine Änderung der unaushaltbaren Zustände« heißt es wörtlich in der »Rockerresolution«.

Als das »Neue Forum« als »staatsfeindliche Plattform« diffamiert wird und Repressalien und Drohungen durch die Staatsmacht zunehmen, nutzen viele Unterzeichner die Öffentlichkeit ihrer Konzerte und verlesen die Resolution auf den Bühnen. Mit Auftritten wenden sie sich gegen die Gewalt von Volkspolizei und Stasi.

Der Film lässt mit Toni Krahl (City), André Herzberg Pankow) und Kai-Uwe Kohlschmidt (Sandow) ganz unterschiedliche Künstler zu Wort kommen und lotet so deren Balanceakte im Herbst 1989 aus. Aus Interviews an authentischen Orten, Konzert-Ausschnitten und Archivmaterial entstehen Stimmungsbilder und der Soundtrack der letzten Monate der DDR.

This film explores the role of rock musicians in precipitating the peaceful system change in the GDR. In September 1989, members of bands like Silly, Pankow and City released a joint statement supporting the “New Forum” opposition movement. When the New Forum was classified as enemies of the state, the musicians showed support by reading the “Rocker Resolution” out loud at their concerts. Current interviews with Toni Krahl (City), André Herzberg (Pankow) and Kai-Uwe Kohlschmidt (Sandow) are combined with archive footage and songs from the time to create a portrait and soundtrack of the last months of the GDR.

Q & A: Sven Hecker, Gregor Streiber (Produzent)


Sonntag, 10.11., 18:30 Uhr
Lichtblick-Kino

Berlin-Premiere
Peter vs. Harry (OmeU)

SI 2019, 55 min, Ida Weiss

Peter, das ist Peter Braatz, Filmemacher, jetzt wohnhaft in Slowenien. Als Student an der West Berliner Deutschen Film- und Fernsehakademie (DFFB) in den 80er Jahren suchte er nach neuen, unerwarteten Verbindungen von Bild und Ton, war Teil einer vom Postpunk beeinflussten Generation von Filmemacher*innen, die unser heutiges Erinnerungsbild der Subkultur in der geteilten Stadt mitprägt.

Harry, ist Braatz’ Alter Ego Harry Rag, Frontmann der Solinger Punk-Band S.Y.P.H. 1980 veröffentlicht S.Y.P.H. »Zurück zum Beton«, ein kanonischer deutscher Punk-Song. Ida Weiss’ intimes Porträt bringt uns Braatz als Künstler, Musikliebhaber, Familienmenschen und rundum sympathischen Zeitgenossen mit einer besonderen Weltsicht näher.

Under his own name Peter Braatz studied film at Berlin’s renowned German Film and Television Academy (DFFB) and made his mark within a group of filmmakers who explored new ways of combing sound, music and moving image in the 1980s. In the late 70s/early 80s, as Harry Rag, Braatz fronted the Düsseldorf punk band S.Y.P.H.

Q & A: Ida Weiss


Sonntag, 10.11., 20:00 Uhr
Lichtblick-Kino

EXBlicks x Soundwatch

Weltpremiere
Aprèsgarde: A Portrait of Bob Rutman (OV)

D 2019, 71 min, Bernd Böhlendorf

Der deutsch-amerikanische Musiker und Multimediakünstler Bob Rutman 1931 in Berlin geboren, floh mit seinen jüdischen Eltern 1938 in die USA. Dort betätigte er sich gleichermaßen als Musiker und bildender Künstler, verband bald beide Disziplinen bei der Schaffung neuartiger Klangkörper. Am berühmtesten wurde das Steel Cello, von dem er seit 1968 viele Variationen gebaut und dafür eigens Musik komponiert hat. 1989 zieht er wieder in seine Geburtsstadt. Er wird bald ein wichtiger Teil einer Kunstszene in Mitte und Prenzlauer Berg mit internationaler Strahlkraft, die die neue Offenheit der geeinten Stadt in neuen kreativen Ausdrucksweisen widergespiegelt und gleichzeitig befördert hat.

Regisseur Bernd Böhlendorf kennt Rutman schon länger. Seit 2011 begleitete er Rutman auch mit der Kamera. Rutman und Böhlendorf haben gemeinsam alte VHS-Aufnahmen gesichtet und ausgewählt, es sind eigens für den Film neue Interviews entstanden. Ein einfühlsames Porträt.

Portrait of musician and multimedia artist Bob Rutman. Born in Berlin in 1931, he and his Jewish family fled to the United States in 1938. There he made a name for himself as an artist, musician and inventor of new instruments such as the Steel Cello. Rutman returned to Berlin in 1989 and since then has been a key figure in the post-Wall Berlin arts scene.

Q & A: Bob Rutman, Bernd Böhlendorf
presented by Exberliner


Sonntag, 10.11., 22:15 Uhr
Lichtblick-Kino

Deutschland-Premiere
I Want My MTV (OmeU)

USA 2019, 87 min, Taylor Measom, Patrick Wardop

Erstaunlicherweise der erste abendfüllende Dokumentarfilm über den Kabelsender, der die Welt verändert hat. Die Anfänge des Senders bis zur ersten Ausstrahlung am 1. August 1981 werden mit Situationskomik und als Cliffhanger erzählt – wird ein Sender, der rund um die Uhr seltsame Musikwerbefilmchen zeigt, geguckt? Oder überhaupt pannenfrei über den Äther gehen? Interviews mit den entscheidenden Persönlichkeiten vor der Kamera und hinter der Kulissen enthüllen den Hintergrund des eklektischen Logodesigns und wie Mick Jagger und Pete Townshend überlistet wurden, »I Want My MTV« vor laufender Kamera zu fordern. Stars wie Sting, Darryl »DMC« McDaniels von Run DMC, Tori Amos, Trent Reznor und Dave Stewart & Annie Lennox sinnieren über den Einfluss des Senders und des Musikclips auf ihre Karrieren. Auch unrühmliche Kapitel der Sendergeschichte werden beleuchtet, wie die Rassismusdebatte Anfang der 80er Jahre, bis Michael Jackson und sein Label CBS (unterstützt durch ein kritisches Interview mit David Bowie) fast eigenhändig MTVs Tür für afro-amerikanische Musiker*innen eingetreten haben. Fazit des Films: Seit MTV hören, sehen und leben wir anders als zuvor.

After almost 40 years on the air, MTV finally merits a feature-legth documentary. The film chronicles the genesis of an idea that in the early 80s was deemed crazy and proved to be inevitable. Through the prism of the music clip and the network, the documentary also explores larger cultural issues such as the significance of image and branding as well as racism. Featuring interviews with Sting, Darryl “DMC” McDaniels of Run DMC, Annie Lennox & Dave Stewart, Tori Amos, Trent Reznor and others.


Montag, 11.11., 20:00 Uhr
Lichtblick-Kino

French Game (OmeU)

F 2018, 66 min, Guillaume Fédou

Anhand von elf emblematischen Titeln des französischen Rap – von den ersten Radioauftritten der Pioniere MC Solaar oder NTM bis zu »Autotune« von Damso – zeigt die Webserie French Game, wie sich Künstler ein US-Modell zu eigen machten, es in eine authentische, einzigartige Bewegung verwandelten und zu einem wichtigen musikalischen Ausdrucksmittel Frankreichs entwickelten.

The history of French hip hop – told through a playlist of 11 iconic tracks. This web series charts how French artists took an artform transplanted from very specific conditions in the U.S. and nurtured it into an original and authentic expression of contemporary social, political and cultural concerns. Featuring MC Solaar, NTM, Time Bomb, Doc Gyneco, IAM, Oxmo Puccino, TTC, Booba, Casey, Casseurs Flowters, Damso.

Q & A: Guillaume Fédou, Jean-François Tatin (co-autor)
in Kooperation mit Musical Écran


Montag, 11.11., 22:00 Uhr
Lichtblick-Kino

Hustlers Convention (eng. OV)

GB/USA 2015, 91 min, Mike Todd

Die Entstehungsgeschichte des gleichnamigen Albums, 1973 vom Last Poets-Mitglied Jalal Mansur Nuriddin als »Lightning Rod« eingespielt, unterstützt von einer Funkcombo, die später als Kool & the Gang Weltruhm erlangt haben. Mit seinen schonungslosen Reimen über Drogen, Verbrechen und Sex gilt »Hustlers Convention« als erstes Gangsta Rap Album. Die Verkäufe des Albums waren bescheiden, aber vermutlich alle, die die Scheibe erworben haben, sind selber Musiker geworden oder haben, wie Grandmaster Flash, Beastie Boys, Nas und Wu-Tang Clang die Platte gesampelt. So erzählen George Clinton, Melle Mel, Fab 5 Freddie, KRS-One, Ice-T, MC Lyte und Chuck D von dem Einfluss, den die Songs auf sie hatten. Höhepunkt des Films ist Nuriddins erstmalige Liveaufführung des Albums in 2014.

Film chronicling the recording of the 1973 album by Jalal Mansur Nuriddin (Last Poets) as “Lightning Rod” with Kool & the Gang and the record’s impact to this day as a forerunner of gangsta rap. Featuring George Clinton, Melle Mel, Fab 5 Freddie, KRS-One, Ice-T, MC Lyte and Chuck D. Highlight of the film is the 2014 live performance of the album in its entirety.


Dienstag, 12.11., 18:30 Uhr
Lichtblick-Kino

Berlin-Premiere
Una Banda de Chicas – A Girl’s Band (OmeU)

ARG 2019, 86 min, Marilina Giménez

Mutige Frauen, die mit ihrer Musik ein politisches Statement abgeben und die argentinische Gesellschaft verändern wollen: In ihrem Dokumentarfilm zeigt Regisseurin und Musikerin Marilina Giménez die queer-feministische Underground-Musikszene in Buenos Aires. Der Film lebt von der energiegeladenen Livemusik und ist gleichzeitig eine Bestandsaufnahme Argentiniens aus feministischer Sicht: Was bedeutet es, als Frau in einer patriarchalen Gesellschaft zu leben und was passiert, wenn man gegen die Unterdrückung rebelliert? Egal ob Punk, Reggaeton, Rock oder Elektro – die gezeigten Musikerinnen vereint der Protest: Der Widerstand gegen das Patriarchat und der Kampf für mehr Frauenrechte.

Mit Kumbia Queers, Sasha Sathya, Kobra Kei, Ibiza Pareo, Liers, Las Taradas, Chocolate Remix, Miss Bolivia, She-Devils.

Marilina Giménez, herself a bassist, maps the queer-feminist musical underground in Buenos Aires. Whether playing punk, electro, rock or reggaeton, the musicians are united in their struggle for equality and against an oppressive patriarchy. Featuring Kumbia Queers, Sasha Sathya, Kobra Kei, Ibiza Pareo, Liers, Las Taradas, Chocolate Remix, Miss Bolivia, She-Devils.


Dienstag, 12.11., 20:00 Uhr
Lichtblick-Kino

Berlin-Premiere
Under the Underground (OmeU)

A 2019, 55 min, Angela Christlieb

Chris Janka und sein Bruder Ali sind leidenschaftliche Künstler, Musikliebhaber, Tonfreaks und Elektronerds. Sie haben den leer stehenden Keller eines Fabrikgebäudes, das sie in den 1980er-Jahren bezogen haben, zu einem Ort gemacht, der einmalig ist: ein kreativer Mikrokosmos. Angela Christliebs Dokumentarfilm führt durch die selbstgebauten und improvisierten Räume des unterirdischen Laboratoriums im 7. Bezirk, Janka Industries genannt, in denen Voodoo Jürgens und Bands wie Petra und der Wolf oder Tankris inmitten eines skurrilen Elektroschrott-Sammelsuriums proben und performen.

Ein Musik Film und eine ultimative Undergroundhommage, die die Magie des Ortes filmisch einfängt. Ein Statement für die Dringlichkeit und die Schönheit von Subkultur. (Angela Christlieb)

Under the Underground guides us through the improvised spaces of Janka Industries, an underground cellar vault and creative microcosm of Vienna’s subculture. Voodoo Jürgens and Bands such as Petra und der Wolf and Tankris practice and perform here in the midst of a bizarre hodge-podge of electronic scrap. A music film and an ultimate underground homage that cinematically captures the magic of the site. (A. Christlieb)

Q & A: Angela Christlieb


Dienstag, 12.11., 22:00 Uhr
Lichtblick-Kino

Deutschland-Premiere
I Can Go for That – The Smooth World of Yacht Rock (engl. OV)

GB 2019, 115 min, Ben Whalley

In einer gelungenen Gratwanderung zwischen Ironie und aufrichtiger Wertschätzung erkundet die Moderatorin und Journalistin Katie Puckrik (»The Word’«) die erst nachträglich so bezeichnete Musikrichtung »Yacht Rock«. Bereits zur Entstehungszeit, in den späten 70er und frühen 80er Jahren, verbanden Acts wie Toto, Christopher Cross, The Eagles, Fleetwood Mac, Kenny Loggins, Doobie Brothers, Hall & Oates und Steely Dan perfektes Handwerk, astronomische Tonträgerverkäufe und die Verachtung von Fans von »cooleren« Genres wie Punk und Metal. Erst als in den 90ern Gangstarapper Warren Gs »Regulate«, mit einem Sample des Keyboardriffs von Doobie Brother Michael McDonalds Solohit »I Keep Forgettin’«, Nummer 1 wurde und Anfang des 21. Jahrhunderts Vapourwave den melancholischen und unheimlichen Unterton des oberflächlich seichten Sounds zu Tage förderte und überspitzte, wurde Yacht Rock hipster- und kritikerkompatibel.

Both celebration and critical analysis of the maligned Yacht Rock genre, a brand of polished, sensitive soft rock by largely white males in bands called The Doobie Brothers, Toto, The Eagles, Hall & Oates and Steely Dank that topped the charts in the late 1970s and early 1980s. The film explains the genre’s origin as a soothing counterweight to the turmoil of Vietnam and Watergate and how it later became the soundtrack to the aspirational 80s.


Mittwoch, 13.11., 18:30 Uhr
Lichtblick-Kino

Preview
PJ Harvey – A Dog Called Money (OmeU)

IE/GB 2019, 90 min, Seamus Murphy

Auf der Suche nach Inspiration folgt die britische Musikerin und Indie-Ikone PJ Harvey ihrem Freund, dem preisgekrönten Fotojournalisten und Kameramann Seamus Murphy, auf seinen Reisen um die Welt. In Afghanistan, dem Kosovo und Washington DC sammelt Harvey Gedanken und schreibt Texte, Murphy nimmt Bilder auf. Zurück in London verwandelt die Musikerin die gesammelten Wörter in Gedichte, in Songs und schließlich in ein Musikalbum, »The Hope Six Demolition Project«, das sie im Rahmen einer Kunstperformance aufnimmt. In einem speziell konstruierten Raum im Somerset House kann die Öffentlichkeit den fünfwöchigen Entstehungsprozess beobachten, als seien Harvey und ihre Band eine lebende Ton-Skulptur. Ein bewegender und vielschichtiger Dokumentarfilm – nicht nur für PJ-Harvey-Fans.

Award-winning photographer Seamus Murphy provides a glimpse into the creative process of groundbreaking British musician PJ Harvey filming her in a London recording studio and during their joint travels to Afghanistan, Kosovo and Washington D.C.


Mittwoch, 13.11., 20:00 Uhr
Lichtblick-Kino

Berlin-Premiere
San Remo (OV deutsch)

D 2019, 83 min, Johanna Behre

Ossi Viola und Lo Selbo setzen alles auf eine Karte: Als ITACA machen sie italienische Pop-Musik, die es eigentlich gar nicht mehr gibt. Ihr großes Ziel: einmal auf dem Musikfestival in San Remo spielen. Mit viel Rückenwind zünden sie mit ihrer Italien-Tournee das nächste Level. Wieder einmal fechten sie alles untereinander aus. Die Tage verbringen sie auf verlassenen Raststätten und die Abende auf kleinen Bühnen in ausgestorbenen Industriegebieten. Mit Italien, wie man es kennt, hat das nichts tun. In diesen Momenten werden die Zweifel übermächtig groß. Die Entscheidung, alles auf eine Karte zu setzen, fühlt sich plötzlich nur noch wahnsinnig an. Das Leben könnte angepasst so viel einfacher sein. Die Krise wird perfekt, als jemand in ihr Universum hinein stolpert, der da nicht hingehört. Als der Traum zu platzen droht, beginnt das Abenteuer. (Johanna Behre)

Docu-fictional road movie about two Berlin musicians who as the Italopop duo ITACA make music from a bygone age. Their big dream is to perform at the San Remo music festival in Italy. The road to San Remo is strewn with gigs in dives along the Italian rustbelt and doubts if their decision wasn’t merely folly. But when the dreams threatens to shatter, the adventure begins.

Q & A: Johanna Behre, ITACA


Mittwoch, 13.11., 22:00 Uhr
Lichtblick-Kino

Berlin-Premiere
Boy Howdy! The Story of CREEM Magazine (engl. OV)

USA 2019, 73 min, Scott Crawford

Never mind Rolling Stone, here’s CREEM. 1969 in der Hochburg der musikalischen Innovation Detroit gegründet, wurde die Musikzeitschrift CREEM zum Gegenentwurf des Rolling Stones: Speed statt Koks, working class und lowlife statt jet set und radical chic. Patti Smith schrieb für CREEM und der »Bad Boy« der Rockkritik, Lester Bangs, prägte das Blatt mit seiner unberechenbare Schreibe. Früh wurden Genres wie Punk und Metal zelebriert, bevor andere Medien auf die jeweiligen Züge aufgesprungen sind. In den 80ern konnte sich CREEM mit dem in USA populären verwässerten New Wave und Hair Metal nicht so recht anfreunden, und die von Großkonzernen dominierte Medienlandschaft ließ immer weniger Platz für Eigenwilliges. 1989, nach 20 Jahren, kam das Aus für CREEM. Fotos, Videoaufnahmen vom Redaktionsalltag und Interviews mit Michael Stipe, Joan Jett, Suzi Quatro, Thurston Moore, Alice Cooper, Gene Simmons, Paul Stanley und auch Journalisten von der »Konkurrenz« wie Greil Marcus und der spätere Filmregisseur Cameron Crowe erzählen über Aufstieg und Fall, aber auch den nachhaltigen Einfluss von CREEM auf die Popkultur.

The film explores Creem Magazine’s humble beginnings in post-riot Detroit, follows its upward trajectory from underground paper to national powerhouse, then bears witness to its imminent demise following the tragic and untimely deaths of its visionary publisher, Barry Kramer, and its most famous author, Lester Bangs, a year later. Featuring Cameron Crowe, Alice Cooper, Kirk Hammett, Joan Jett, Michael Stipe, Gene Simmons, Paul Stanley, Chad Smith, Peter Wolf, Wayne Kramer and many others.

Q & A: Scott Crawford (via Skype)


Donnerstag, 21.11., 18:00 Uhr
Werkstatt der Kulturen

Doppelprogramm
Musikalische Störungen – Musical Disruptions (OmeU)

Szenenfoto: »Strong«; © Salim Saab

Strong (Forte)
F 2018, 31 min, Salim Saab
»Strong« zeigt »starke« Künstlerinnen aus der arabischen Welt, die sich dem Graffiti, Tanz, Musik und Tattoo verschrieben haben.
Strong portrays female artists from the Arabic world who find a powerful means of expression through graffiti, dance, music and tattooing.

Palestine Underground
PE 2018, 27 min, Amar Ediriwira/Boiler Room
»Muqata’a« oder Störung steht für einen Künstler, der als der Pate der Untergrund-Hip-Hop Szene ìn Ramallah gilt. Ihm folgt Palestine Underground in die neue, rasant wachsende Tanzkultur der Region.
“Muqata’a” is an artist who is considered the godfather of the underground hip hop scene in Ramallah. Palestine Underground is guide to the vibrant dance music culture in the region.

anschließend Gespräch
in Kooperation mit Mayadin al-Tahrir e.V.

Hinweis: Diese Veranstaltung findet in der Werkstatt der Kulturen statt, nicht im Lichtblick-Kino!

Donnerstag, 21.11., 20:00 Uhr
Werkstatt der Kulturen

SHAYNE (OmeU)

D 2019, 120 min, Stephan Geene

Ricky Shayne streifte wie ein Komet die bundesdeutsche Unterhaltungskultur, kurz, von 1967 bis 1972. In Kairo geboren, in Beirut aufgewachsen und in Rom zum Star einer boomenden Beat-Szene geworden, wurde er nach Deutschland importiert, wo es am meisten zu verdienen gab. Shayne fand sich in Berlin zwischen BRAVO und ZDF-Hitparade wieder, gefeiert, exotisiert. Stephan Geene, damals 10 Jahre alt, wurde von dieser Erscheinung für immer verändert und geht nun seiner Faszination nach.

Die Begegnung mit dem nervösen, kantigen Ricky Shayne, heute 72, Überlebender seiner eigenen Star- und BRAVO-Geschichte (die BRAVO widmete ihm alleine zwei Starschnitte), führt Geene auf sehr unterschiedlichen Wegen herbei: unter anderem mit Shaynes Söhnen Tarek und Imran, beide so alt wie Ricky in seiner Berliner Zeit und ihm wie aus dem (damaligen) Gesicht geschnitten.

Ein serielles TV-Anti-Porträt, gerahmt von Proben für eine Gala, dem Versuch, einer abgebrochenen Karriere einen letzten Moment zu geben; eine Architektin denkt laut über Fotografie und Theatralität und die Möglichkeit nach, eine Gala als Ruine anzulegen, um der Figur Ricky Shayne gerecht zu werden, seinen Abbrüchen und Doppelbödigkeiten. (Berlinale Forum)

Singer Ricky Shayne briefly streaked like a comet through West German popular culture from 1967 to 1972. Born in Cairo, raised in Beirut, he became a star in Rome in the booming Beat scene. He was then imported to Germany, where there was more money to be made. Shayne found himself in Berlin in the charts and on the pages of teen magazines, celebrated and exoticized. Stephan Geene, tapping into his own teenage fandom as well as his work in critical cultural studies, creates a serial TV anti-portrait of the phenomenon and the man.

Q & A: Stephan Geene

Hinweis: Diese Veranstaltung findet in der Werkstatt der Kulturen statt, nicht im Lichtblick-Kino!