Was heißt eigentlich normal? Und wer ist hier behindert? Wie funktioniert ein Rollstuhl und wer bestimmt, wer drin sitzt und wer schiebt? »FREAKSTARS 3000« ist ein 30-minütiges Magazin für eine vermeintlich normale Gesellschaft, die vermeintlich sonderbare Zeitgenossen als behindert abstempelt und auslagert, um sich die himmelblau lackierte Fernseh-Tristesse nicht zu versauen – eine wahre Aktion Mensch, von Beschränkten für Beschränkte.
Bewohner des Tiele-Winckler-Heims in Berlin-Lichtenrade holen vereinsamte Zielgruppen ins Leben und Reißbrett-Fernsehen auf den Boden der Tatsachen zurück. Innerhalb einer zur Ödnis verkommenen TV-Landschaft, in der geistige Provinzfürsten wie Gottschalk, Maischberger oder Kerner das Zepter schwingen, holen die Freakstars das Bild hinter dem Bild vor die Kamera.
Episoden wie Freakman (eine Anspielung auf die Talksendung »Friedman« im Hesssichen Rundfunk), Homeshopping und Presseclub führen ad absurdum, was Medienwissenschaftler als richtungsweisend und Fernsehkritiker als Boom bezeichnen. Die Freakstars laden ein zur großen Expeditionsreise durch die nur noch mäßig magischen Kanäle eines Marshall McLuhan. Sie halten den Einschaltquotenreglern und Marktanteilsnehmern, den Zuschauern, einen Spiegel vor, aus dem eine bisweilen schwer erträgliche Fratze zurückgafft.
Nach einer Idee des deutschen Aktionskünstlers und Theatermachers Christoph Schlingensief startet Regisseur Hans-Joachim Paczensky im April 2002 ein TV-Projekt, das geistig und körperlich Behinderte bewusst in den kreativen Prozess des Fernsehmachens einbeziehen soll. Mehr noch, übernehmen sie die Federführung eines Projekts, das in der (deutschen) Fernsehgeschichte seines gleichen sucht.
Nach Dreharbeiten im April und Mai des Jahres gehen die »FREAKSTARS 3000«, eine Zusammenarbeit der Royal Produktion Berlin mit der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz im Auftrag von Viva / Viva Plus, am 8. Juni 2002 erstmals auf Sendung. Die sechsteilige Reihe beschert dem Jungend- und Musiksender Traumquoten und löst eine Debatte um die Alltäglichkeit von Behinderung aus, innerhalb derer auch Albträume wahr werden.
Angelehnt an den unverklappten RTL2-Müll »Popstars«, aus dem heraus selbsternannte Tanztrainer und Psychotherapeuten Retortenbands wie No Angels oder Bro’Sis kramten, zieht sich das Casting für die Band »Mutter sucht Schrauben« durch alle »FREAKSTARS«-Folgen.
Der Film feierte vor genau 20 Jahren – an Christoph Schlingensiefs Geburtstag – Premiere auf dem Film Festival in Hof!
Zu diesem Anlass zeigen wir ein Überraschungsfilm, der auf dem Weg zum Festival entstanden ist.