Mit seinen »Heimatfilmen«, seinen Aktionen und Interventionen in Theater, Fernsehen, Oper und Kunst hat der Regisseur Christoph Schlingensief über zwei Jahrzehnte den kulturellen und politischen Diskurs in Deutschland mitgeprägt. Die renommierte Film-Editorin Bettina Böhler unternimmt in ihrem virtuos montierten und ungemein unterhaltsamen Regie-Debüt den Versuch, den Ausnahmekünstler in seiner ganzen Bandbreite zu zeigen.
Im Fokus steht der »Familienmensch« (Schlingensief über Schlingensief), der in seinen Arbeiten gleichermaßen das Verhältnis zu den Eltern in Oberhausen und das Verhältnis zu Deutschland thematisiert. Der Film durchlebt die ganze Entwicklung Schlingensiefs: vom quasi pubertierenden Filmemacher im Kunstblutrausch, über den Bühnenrevoluzzer von Berlin und Bayreuth bis hin zum Bestsellerautor, der kurz vor seinem Tod die Einladung erhält, den Deutschen Pavillon in Venedig zu gestalten. Dabei überträgt sich die ungebändigte Energie des Proträtierten unwillkürlich auf die Zuschauer.
What a joy it is to listen to and watch Christoph Schlingensief once more! His razor-sharp mind, mischievous irony and the political clarity with which he talks about himself, his art and his films in Bettina Böhler’s documentary make us keenly feel the loss of this exceptional artist. But at the same time, here he is, brought back to life on the big screen.
Bettina Böhler’s brilliantly edited work pulls off the considerable feat of retelling his life and oeuvre exclusively from archive footage in just two hours. From Schlingensief’s first Super 8mm films to his Fluxus Oratorio “A Church of Fear vs. The Alien Within”, her film spans forty years of creativity that also reflects forty years of (German-)German history, with which Schlingensief radically engaged throughout his life.
Böhler masterfully assembles film clips and private videos, recordings of theatre performances and copious hitherto unpublished and newly digitalised material. At the end of this tour de force we are left with the question: Would Schlingensief’s art be conceivable in this form today?
(Text: © Internationale Filmfestspiele Berlin)